FACHTAGUNG ZU LEIHARBEIT

Leiharbeit – wie weiter nach der Krise?
Fachtagung am 21. Juni 2010 in Erfurt zu Handlungsperspektiven in der Zeitarbeit.

Krise? Welche Krise? Die Zeitarbeitsbranche boomt zurzeit wieder wie vor der Krise. Dies nahmen der DGB Hessen-Thüringen und START e. V. zum Anlass, um im Rahmen des Verbundprojekts BildungsZeit gemeinsam mit rund 80 Gästen Beiträge aus Forschung und Praxis zur Zukunft der Leiharbeit zu diskutierten.

Funktionswandel und "alte Verhältnisse"
Hajo Holst (Uni Jena) fasste den Funktionswandel der Leiharbeit jenseits von Krisenszenarien zusammen. „Leiharbeit ist nicht mehr ein reaktives Anpassungsinstrument an Auftragsspitzen, Krankheit, Urlaub, sondern ein strategisches Instrument, mit dem Unternehmen die Rentabilität steuern.„
Doch die Verhältnisse, die den zwiespältigen Ruf der Zeitarbeitsbranche begründen, sind noch nicht aufgehoben, wie aus Berichten von Betriebsräten deutlich wurde:
"Wir sind 1.500 Mitarbeiter und beschäftigen etwa 250 Leiharbeitnehmer. Wir reden von einem modernen Sklavenhandel außerhalb des Unternehmens, wir haben keine Zwei- sondern eine Drei-Klassengesellschaft."
"Einzelne Leiharbeitnehmer waren über mehrere Jahre in unserem Betrieb. Spitzenreiter war ein Leiharbeiter, der insgesamt etwa acht Jahre bei uns eingesetzt war."

Dilemma Weiterbildung
Lösungen für Weiterbildung in der Zeitarbeit müssen gefunden werden, betonte Thomas Engel (Uni Jena): "Wir bräuchten eine Weiterbildungsoffensive für alle. Gute Arbeits- und Gesundheitsschutzpraxis erfordert sowohl starke Betriebs- und Personalräte als auch kooperative Geschäftsleitungen."
Damit wurde das Dilemma der Zeitarbeit angesprochen, wie Monika Sossna (START e. V.) ausführte: Wer hat eigentlich welches Interesse an Weiterbildung von LeiharbeitnehmerInnen, und wer finanziert dies?

Konsens und Dissens
Der Thüringer Wirtschaftsminister Matthias Machnig wies darauf hin, dass "das Thema Leiharbeit auch eine strategische Auseinandersetzung über das Thema Ordnung auf dem Arbeitsmarkt" sei. Regulierungen wie Mindestlohn, Gleichbehandlung oder Missbrauchsbekämpfung waren auf der folgenden Podiumsdiskussion mit Parteienvertretern und der Thüringer DGB-Vorsitzenden Renate Licht weitgehend Konsens; strittig waren hingegen die Themen Flexibilisierung, Tarifverträge und Qualifizierung in der Zeitarbeit.

Fazit
Die Fachtagung ermöglichte einen intensiven Austausch der unterschiedlichen Akteure im Bereich Zeitarbeit. Es wurden Wege aufgezeigt, wie Zeitarbeit in Zukunft gestaltet werden könnte, damit Leiharbeit nicht weiter für Niedriglohn und weniger Arbeitnehmerrechte steht.


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